Seit Rudi Assauer war kein Mann in der öffentlichen Wahrnehmung so sehr mit dem FC Schalke 04 verbunden wie Clemens Tönnies – nicht einmal Jahrhundert-Trainer Huub Stevens. Seit 18 Jahren ist der Fleisch-Mogul Aufsichtsratsvorsitzender. Offiziell ist er damit nicht der Klubchef, faktisch aber schon. Er war in der Vergangenheit in schwierigen Zeiten Darlehensgeber und hat immer wieder operative Entscheidungen getroffen. Christian Heidel, Jochen Schneider und zuletzt David Wagner sind nur einige der Personalien, die Tönnies durchgedrückt hat. Für drei Monate wird er allerdings nicht mehr für den Verein aktiv sein. Nach einer rassistischen Entgleisung hat Tönnies beschlossen, seine Ämter für 90 Tage ruhen zu lassen. Es ist eine peinliche Posse.
Tönnies ist sein eigener Richter
Auf einem Wirtschaftstreffen in Westfalen sprach Tönnies davon, dass Afrikaner tagsüber Holz fällen und des Nachts Kinder zeugen würden. Man solle deshalb pro Jahr zehn Kraftwerke in Afrika bauen, damit diese damit aufhörten – so ließe sich der Klimawandel besser bekämpfen als durch eine CO2-Steuer. Abgesehen davon, dass Deutschland alleine mehr CO2 produziert als ganz Afrika zusammen, gab Tönnies schlimme rassistische Stereotypen von sich. Die Äußerungen über das Bäume fällen und das Kinderzeugen stammen vom deutschen Adel zu Kolonialzeiten. Gedacht waren sie dafür, die Afrikaner herabzuwürdigen und sich lustig zu machen. Dies funktioniert scheinbar noch immer: Auch Tönnies erntete schallendes Gelächter.
Der öffentliche Aufschrei war so groß, dass sich der Ethikrat einschaltete und den Aufsichtsratsboss vorlud. Es soll eine hitzige vierstündige Diskussion gewesen sein. Am Ende versuchte sich der Ethikrat in einer Quadratur des Kreises: Tönnies‘ Äußerungen seien nicht rassistisch gewesen, hätten allerdings gegen das Diskriminierungsverbot in der Schalker Vereinssatzung verstoßen. Den Widerspruch hat der Rat offenbar nicht erkannt. Die Festsetzung des Strafmaßes überließ man Tönnies selbst, der somit sein eigener Richter sein durfte. So kam es zum dreimonatigen Ämterverzicht. Der fünfköpfige Ethikrat wurde übrigens vollständig von Tönnies eingesetzt.
Der DFB wird auch noch beraten
Ausgestanden ist die Sache für den Fleischhändler damit aber noch nicht. Die Ethik-Kommission des DFB wird sich am 15. August auch noch einmal mit dem Thema befassen. Es mutet fast wie ein schlechter Witz an, dass Tönnies der Vorsitzende dieses Gremiums ist. Möchte der DFB irgendwann noch einmal eine glaubwürdige Kampagne gegen Ausländerfeindlichkeit führen, muss er eine Strafe aussprechen.